Sandra - Vom Hirn ins Herz kommen

Einer der Menschen, die ihre Vision verwirklicht und den Sprung von einer Angestelltenlaufbahn zu einer erfolgreichen Selbstständigkeit mit Yoga verwirklicht haben, ist Sandra Moser aus Graz. Die YogaVision im Gespräch mit Sandra.

Fabian Scharsach - Yoga-Akademie Austria

YogaVision
Sandra, du warst ja bis 2012 Medientechnikerin in leitender Position. Wie hast du zum Yoga gefunden?


Sandra
Es war damals ein recht stressiger Job – bei der Produktion einer österreichischen Tageszeitung wechseln die Themen jeden Tag, und die Zeitungen von gestern sind schnell Vergangenheit, man ist damit in einem extrem schnell-lebigen Umfeld.
In der Nähe meines Arbeitsplatzes gab es einen Yoga-Kurs, an dem ich teilnahm. Ich fühlte es sehr schnell: Ich hatte in diesem Kurs einen besonderen energetischen Raum betreten, in dem es zum ersten Mal für mich ganz um mich selbst ging, es war wie eine „Verabredung mit mir selbst“. Ich habe das Gefühl des Ankommens gehabt, das auch intensive und spannungslösende Erfahrungen mit sich brachte.
Im Jahr 2011 ging ich in Bildungskarenz, um Ausbildungen zu Themen, die mich besonders interessierten, zu besuchen, unter anderem die Ausbildung zum Fasten-Coach (2013) und zur Ernährungstrainerin (2014). Im Herbst 2012 begann meine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin.

YogaVision
Wie war deine Ausbildung? Was hat sich für dich dadurch verändert?


Sandra
Meine Ausbildung begann schon ein Jahr nach Beginn meines ersten Yoga-Kurses, es war eine ganz natürliche, klare und leichte Entscheidung. Die Ausbildung machte ich bei der Yoga-Akademie Austria in Graz, sie fand in Wochenendblöcken im Lauf eines Jahres statt. Am 7.7.2013 erhielt ich mein Zertifikat als Yogalehrerin.
Dieses Ausbildungsjahr führte ich tatsächlich eine Art „Doppelleben“: Unter der Woche arbeitete ich in meinem „alten Beruf“, am Wochenende gab es einen Matrixwechsel und ich betrat die „yogische Wolke“.
Neben den vielen Dingen, die ich in der Ausbildung lernte, war die wohl wichtigste Erkenntnis und Erfahrung, dass Yoga das innere Wertesystem verändert, dass man eine andere, höhere Bewusstseinsebene betritt. Und: Wenn man durchs Tor des Yoga geht, gibt es kein Zurück.

Es kam auch zu ernüchternden, aber gleichzeitig heilsamen Prozessen der Erkenntnis über die Oberflächlichkeiten und die Schnelllebigkeit meines bisherigen Alltags. Meine Werte veränderten sich, es fand ein sehr stark spürbares Aufwachen statt. Die Ausbildung war in diesem Sinn eine Zeit intensiver Persönlichkeitsentwicklung und der Beginn eines langfristigen Wachstumsprozesses.
Und die vielleicht wichtigste Erkenntnis war, dass ich erst begonnen hatte, an der Oberfläche zu kratzen – da ist noch so viel mehr zu erschließen, zu erkennen, zu erleben in Yoga!
Zurückblickend fällt mir noch eines auf: Von anderen Kursen und Ausbildungen habe ich meine Unterlagen nie wieder angeschaut, bei der Yogalehrer-Ausbildung konsultierte ich die Unterlagen und Bücher immer wieder, und immer wieder durfte ich neue Einsichten und Erkenntnisse daraus gewinnen. Die Welt des Yoga ist stets aufs Neue faszinierend und wird mir auch nach zehn Jahren nicht langweilig – es gibt so viele Themen, so viele interessante Zusammenhänge, da ist man noch lange nicht fertig!

YogaVision
Ist Yoga dein Hauptberuf? War der Wechsel, rückblickend betrachtet, eine gute Entscheidung?


Sandra
In meinem alten Beruf habe ich viel erfahren, viel kennengelernt, ich bin viel gereist, es war ein toller Job, und ich habe ihn in Dankbarkeit zurückgelassen. Die Entscheidung zum vollständigen Wechsel zur Vollzeit-Tätigkeit mit Yoga, Ernährung und Fasten war wohl eine der wichtigsten Entscheidungen meines Lebens, es war eine Wegkreuzung, und da begann ein neuer Weg. Ja, es war eine gute Entscheidung!
Gemeinsam mit Fastenbegleitung ist das Weitergeben von Yoga zu meinem Hauptberuf geworden. Ich habe einige Yoga-Kurse, mache aber auch Business-Yoga in Firmen, einen Online-Fastenkurs sowie persönliche Fastenbegleitung. Ich biete auch Personal Yoga in Einzelarbeit an – hier geht es oft um gesundheitliche und persönlich-mentale Themen. Ich versuche mit meiner Arbeit, das Bewusstsein zu schaffen, dass Yoga für alle Menschen geeignet ist - man muss nicht besonders fit und beweglich zu sein, um Yoga praktizieren zu können. Yoga lässt sich an alle Bedürfnisse und Möglichkeiten anpassen.
Manchmal werde ich gefragt: Machst du dir keine Sorgen, weil es schon so viele Yogalehrer gibt? Meine Antwort: Es gilt, über den Tellerrand hinauszuschauen und sich die zahllosen Möglichkeiten bewusst zu machen, wie Yoga den Menschen helfen kann: Man kann sich auf spezielle Bedürfnisse, Randgruppen, gesundheitliche Situationen oder Berufsgruppen spezialisieren – ich sehe hier ein sehr weites Feld der Betätigung für Yogalehrer.

YogaVision
Kann man also wirklich von Yoga allein leben?


Sandra
Ja, es gibt viele Yogalehrer, die von Yoga als Hauptberuf leben. Es braucht aber die richtige Einstellung dazu, einen Unternehmergeist und ein unternehmerisches und eigenverantwortliches Denken. Die Selbstständigkeit bringt sowohl große Freiheit mit sich, aber eben auch große Verantwortung. Ich orientiere mich gern an  erfolgreichen Menschen, an inspirierenden Vorbildern.
Als Einzelunternehmer schlüpft man in zahlreiche Rollen: Geschäftsführung, Planung, Unterricht, Qualitätsmanagement, Werbung. Hier ist es wichtig, seine eigene Struktur, seinen persönlichen Tagesablauf zu finden, den eigenen Bio-Rhythmus zu leben: Du darfst deinen Tag ganz selbst gestalten! Wichtig ist es auch, Zeit für die Regeneration einzuplanen.
Als Selbstständiger ist man viel freier in der Zeit- und Lebensgestaltung. Als Angestellter verwirklichst du die Ziele eines anderen: Umsatzsteigerung, Einsparungen, als Unternehmer geht es um die eigenen Ziele! Dadurch verändert sich die gesamte Lebensgestaltung und -qualität grundlegend. Und damit verändert sich auch die Bedeutung des Begriffs „Work-life-balance“, denn: Wo endet die Arbeit, und wo beginnt das Leben? Die beiden fließen ineinander, die Grenzen verwischen sich.

YogaVision
Hast du, aus deiner persönlichen Erfahrung, besondere Tipps für die eigene Yoga-Praxis?

 

Sandra
Ich gebe meinen Klienten und Kursteilnehmern immer zwei Fragen mit: Wie geht es mir? und: Was brauche ich jetzt gerade?
Wir leben die meiste Zeit „außengesteuert“, brauchen aber viel mehr Verbindung mit uns selbst. Genau diese Verbindung wird durch Yoga gefördert, und aus dieser Innenwahrnehmung ergibt sich dann die (Übungs-)Praxis.
Im Alltag kannst du dich etwa zwischen zwei Arbeiten rückverbinden, ganz einfach  durch 10 Atemzüge. So „checkst du bei dir selbst wieder ein.
Oder: Richte dich immer wieder gerade auf – das verändert deine Selbstwahrnehmung, dein Selbstbewusstsein – und deine Rumpfmuskulatur!
Wichtig im Zusammenhang mit der Selbstwahrnehmung ist auch, der Natur und den eigenen inneren Zyklen zu folgen, denn man kann nicht das ganze Jahr auf dem gleichem Level arbeiten.
Wir müssen wieder lernen, die einfachen Dinge des Lebens wertzuschätzen. Klein ist groß. Weniger ist mehr. Wir müssen mehr vom Hirn ins Herz kommen, vom Denken ins Spüren. Mit allen Sinnen leben und mehr draußen sein in der Natur und – auch das ist Yoga!


Ein kleiner Exkurs: "Yoga auf höchster Ebene" (Video)


YogaVision
Wie sieht dein persönlicher Sadhana aus?

Sandra
Ich lehre, was ich lebe. Bei der Übungspraxis habe ich keinen festen Plan. Ich mache Asanas für meine Fitness und um in Bewegung zu bleiben; die Übungszeiten orientieren sich an meinen Tagesabläufen und verteilen sich über die Woche.
Die geistigen Bereiche des Yoga sind die wesentlichen: Selbstbeobachtung im Alltag, das ist eine Art Gedankenhygiene. Ich prüfe immer wieder, welche Gedanken Zeit und Energie bekommen und wie mir das tut.
Früher war die Praxis mehr physisch, jetzt mehr geistig. Es gibt jetzt kein zwanghaftes, geplantes Üben mehr, es ist viel freier und stimmiger geworden. Es gilt, die eigene Form der Praxis finden.
Ich habe beobachtet, dass Frauen dazu tendieren, zu streng mit sich selbst zu sein. Sie sind besonders betreffend dem eigenen Körper sehr kritisch und haben hohe Schönheitsideale. Ich denke, wir dürfen von Selbstfürsorge zu Selbstliebe finden - lieber Gesundheitskult als Schönheitskult!

YogaVision
Welche Visionen hast du für deine (Yoga-)Zukunft?

Sandra
Obwohl ich ja viel im Bereich Business-Yoga arbeite, geht es für mich klar in Richtung Gesundheit. Viele Menschen wissen über die Funktionen ihres Autos mehr als über ihren Körper. Yoga lädt uns ein, mehr in die Verantwortung zu kommen und ein Bewusstsein für die eigene Gesundheit zu schaffen: Was tut mir gut, was nicht? Ich möchte mir mehr Wissen über die gesundheitlichen Zusammenhänge aneignen. Und natürlich möchte ich das erworbene Wissen einsetzen, um Menschen zu helfen.

YogaVision
Hast du eine abschließende Botschaft für die Leser?

Sandra
Werde dir klar darüber, was dich langfristig glücklich macht und habe den Mut, dein eigenes Lebenskonzept zu leben. Und lasse dir dabei von Yoga helfen. Beachte dabei, dass Yoga Zeit braucht. Und: Yoga gehört gespürt, nicht „getan“.

YogaVision
Liebe Sandra, vielen Dank für das Gespräch!


Sandra Moser leitet die Yoga-Schule "Santosha" in Graz.

www.santosha.at

0664-4123 104

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