Raja Yoga - eine Einführung / Teil 2

Die 3. Stufe: ASANA - die Sitzstellung

Die vielen in Yoga-Kursen praktizierten Körperübungen, die Asanas, sind hier im Raja Yoga nur eine Vorbereitung auf die „eigentliche“ Asana, die meditative Sitzstellung. Durch die verschiedenen Übungen wird der Körper gesund, stark und stabil, das Körperbewusstsein verbessert sich. Dann wird man bereit, die meditative Sitzstellung einzunehmen und diese still und entspannt zu halten. Still und entspannt, dies sind die zwei Eigenschaften, mit denen Patanjali die meditative Sitzstellung charakterisiert.


Wird die Meditation tiefer, so wird auch die Körperhaltung ruhiger und fester, und man hat immer weniger das Bedürfnis, sich zu bewegen; es ist, „als wäre der Körper gar nicht mehr so vorhanden wie sonst“, es ist wie ein Vergessen, ein vorübergehendes Zurücklassen des Körperbewusstseins. Und daraus wird die Meditation noch tiefer.

 

Die 4. Stufe: PRANAYAMA - das Stillwerden des Prana

In gleicher Weise sind die Atemübungen im Yoga-Kurs eine Hinführung zum „eigentlichen“ Pranayama, dem meditativen Stillwerden der Atmung. Hat man durch die verschiedenen Übungen Kontrolle über die Atmung erlangt und ist der Körper still geworden, so wird auch die Atmung mit zunehmender Konzentration immer leichter, feiner und subtiler - bis man das Gefühl hat, dass man fast nicht mehr atmet. Dies bedeutet, dass die Bewegung des Prana (der Energie) sehr still geworden ist. Da sowohl Atmung als auch Geist Manifestationen des Prana sind, ist damit auch der Geist sehr ruhig geworden - gleich einer Kerzenflamme an einem windstillen Ort - , womit optimale Voraussetzungen für sehr tiefe Meditation gegeben sind.

 

Die 5. Stufe: PRATYAHARA - das Zurückziehen der Sinne

Aus dem in den vorhergehenden Stufen erreichten Stillwerden des Körpers und des Pranas folgt spontan und natürlich das Stillwerden der Sinne. Denn die Sinnesorgane „funktionieren“ mit Prana. Ist ihnen aber der „Treibstoff“ entzogen, so führen sie keine Sinneswahrnehmungen mehr in das Zentralnervensystem und im Geist herrscht tiefe Stille. Das Zurückziehen der Sinne kann im Alltag gefördert werden, indem man sich, soweit dies möglich ist, aus dem Trubel von Medien, Werbung und ähnlichem zurückzieht und zunehmend in einem „Feld der Stille“ lebt.

 

 

Die 6. Stufe: DHARANA - die Konzentration

Wurden Geist und Körper durch die ersten fünf Stufen vorbereitet, so lässt sich der Geist leicht auf ein Meditationsobjekt konzentrieren. Das kann ein Mantra sein, die Atmung, ein Chakra, ein Jesus- oder Marienbild, oder man kann die eigenen Gedanken beobachten.

 

Wenn der Geist mit höchster Ausschließlichkeit auf das gewählte Objekt gerichtet und dort fest gehalten wird, so beginnt sich im Geist des Übenden eine subtile Veränderung zu ergeben:

 

 

Die 7. Stufe: DHYANA - die Meditation

Die „Anstrengung“ der Konzentration weicht einem natürlichen, spontanen und mühelosen Fließen der Aufmerksamkeit. Wenn man das Gefühl hat, dass man die Aufmerksamkeit nicht mehr auf das Objekt rich-ten muss, sondern nur noch dieses Objekt da ist, und man sich in höchster Stille mit dem Meditationsobjekt verschmolzen fühlt, dann befindet man sich im Zustand der Meditation.

 

 

Die 8. Stufe: SAMADHI - der überbewusste Zustand

Wenn das Meditationsobjekt sich schließlich auflöst und der Meditierende in einem Zustand reinen Seins, ohne jede Bewegung, Eigenschaft und Begrenzung ruht, und wenn aus dieser höchsten, heiligen Stille eine unaussprechliche Wonne empor quillt, dann befindet man sich in Samadhi.

 

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Auszug aus dem Buch "Yoga fürs Leben" von Arjuna P. Nathschläger


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