Den Kampf beenden

Wir leben inmitten einer historischen Phase des menschlichen Bewusstseinswandels. Ein zentrales Element in diesem Wandel ist die Weise, wie wir den Dingen des Lebens begegnen, in einem Geist des Kampfes oder des Zulassens. Sehen wir uns diese beiden Optionen an.

 

Ein endloser Geist des Kampfes

Unsere Gesellschaft befindet sich in einem endlosen Kampf. Wir kämpfen gegen den Klimawandel, gegen Diskriminierung, Rassismus, Intoleranz, Kohlendioxid, gegen Viren, Armut, Hunger, Terror, gegen „Rechts“ und zunehmend gegen alle, die anders denken als wir. Wohin hat uns dieser „Kampf gegen“ geführt? Wir leben in einem multidimensionalen Paradigma der verschiedensten Feindbilder, in einem Klima der Angst, des Widerstands – ein Klima ständiger Bedrohung und Spannung, und sogar unser Körper kämpft mit Allergien und Unverträglichkeiten gegen scheinbare Feinde.


„Krieg ist eine Denkart, und alle Aktionen, die einer solchen Geisteshaltung entspringen, stärken entweder den Feind, das angebliche Übel, oder schaffen sich, wenn der Kampf gewonnen wird, neue Feinde, ein neues Übel, das genauso schlimm und oft noch schlimmer als das besiegte ist. Es besteht eine tiefgreifende Wechselbeziehung zwischen dem Bewusstseinszustand und der äußeren Wirklichkeit. Wenn du „Krieg“ im Kopf hast, wird deine Wahrnehmung entsprechend selektiv und verzerrt. Dann siehst du nur noch, was du sehen willst, und legst es obendrein noch falsch aus. Du kannst dir vorstellen, was für Handlungen ein solcher Wahn auslöst. Statt es dir vorzustellen, brauchst du eigentlich nur heute Abend die Nachrichten im Fernsehen anzuschauen.“
Eckhart Tolle

Die innere Haltung des Kampfes und des Widerstands bringt uns nur immer mehr davon, ohne dass sich auf der objektiven Ebene Wesentliches verändert. Was durch diese Haltung jedoch auf der körperlichen, der gesundheitlichen Ebene bewirkt wird, wissen wir: Stress. Und damit eine Vielzahl von Krankheiten. Und die gilt es dann ebenso zu bekämpfen wie so vieles andere. Solange wir uns in einem geistigen Umfeld der Feindbilder und des Kampfes befinden, werden Siege, Friedensverträge und Vergleiche nichts daran ändern, dass in uns ständig etwas Widerstand sucht und lebt – ob dies der Sinn unseres Lebens ist?


Nicht nur aus der gesundheitlichen Sicht ist es sinnvoll, den Kampf zu beenden und in eine innere Haltung des Annehmens und der Widerstandslosigkeit einzutreten, denn es ist eben jenes Loslassen, das uns mit Leichtigkeit und zur rechten Zeit jene Dinge zuführt, um die wir kämpfen zu müssen glaubten.


„Dem Leben keinen Widerstand entgegenzusetzen bedeutet, in einem Zustand von Gnade, Mühelosigkeit und Leichtigkeit zu sein. Dieser Zustand ist dann nicht mehr davon abhängig, dass alles auf eine bestimmte Art und Weise verläuft. Es scheint fast paradox, aber wenn deine innere Abhängigkeit von Form verschwunden ist, werden sich deine allgemeinen Lebensumstände und äußeren Gegebenheiten stark verbessern. Dinge, Menschen oder Umstände, die du für dein Glück zu brauchen glaubtest, kommen jetzt ohne deine Mitwirkung, ohne Mühe auf dich zu…. Das Leben fließt mit Leichtigkeit.
Durch Widerstandslosigkeit wird die Qualität deines Bewusstseins endlos gesteigert, und das wiederum verbessert die Qualität von allem, was du tust oder erschaffst.“
Eckhart Tolle

Alles zu seiner Zeit

Viele Anstrengungen und Kämpfe, die wir fechten, zielen auf das Verändern der äußeren Welt ab: Wir wollen etwas bestimmtes erreichen, anderes vermeiden, leider oft zur Unzeit.


Ein Bauer war enttäuscht über das langsame Wachstum seiner Getreidepflanzen. In seiner Ungeduld begann er, sanft an den Halmen zu ziehen.
Als er am Abend nach Hause zurückkehrte, seufzte er: „Ich bin todmüde; den ganzen Tag habe ich damit zugebracht, dem Getreide beim Wachsen zu helfen!“
Seine Söhne liefen am nächsten Tag aufs Feld, um zu sehen, ob die Pflanzen gewachsen waren. Sie fanden lauter verdorrte Halme.

 

Alles, was wir haben, sein oder erreichen wollen, hat seine Zeit. Unser persönlich-spiritueller Reifeprozess braucht seine Zeit. Unsere berufliche „Karriere“ braucht ihre Zeit. Wenn wir allen Dingen in unserem Leben die Zeit geben, die sie brauchen, ohne zu glauben, ständig etwas erkämpfen zu müssen, dann können wir mit dem natürlichen Strom der Entwicklung fließen, gesund und entspannt sein und inneren Frieden erfahren.
Allerdings bedeutet dieses Widerstandslos-Werden nicht, dass du dich nicht mehr für die Dinge, die dir wichtig sind, einsetzt, sondern, dass du dies nicht mehr in einem Geist des Kampfes tust, vielmehr mit einer entspannten positiven Kraft, die jedoch mächtiger und wirksamer ist als beispielsweise blinde Wut und Haß.

Ich glaube, dass dieser Wechsel unseres inneren Paradigmas, unserer Einstellung, dieses Beenden der Kampfmentalität, die wirksamste und mächtigste spirituelle Praxis ist, die wir je machen können – und sie wird, wo sie gelebt wird, sowohl im Inneren des Menschen als auch in der äußeren Welt für einen unglaublichen Wandel zum Positiven sorgen.

Was du tun kannst

  1. Wann immer in dir Stress, Ärger oder Angst auftaucht, beobachte, woher sie kommen. Suche nicht im Außen – Stress kommt IMMER von innen, aus deinem Denken, aus deiner Angst, aus deinem Widerstand, die vorliegende Situation anzunehmen. Das ist eine gute Nachricht, denn nur dann liegt es in deinem Einflussbereich, den Stress und Widerstand aufzulösen, ihn loszulassen. Byron Katie stellt einige sehr wirksame Fragen, darunter: „Was macht dieser Gedanke mit dir?“ und „Was wäre, wenn dieser Gedanke nicht da wäre?“ Versuche es.
  2. Wenn du meditierst, so kannst du die Widerstandslosigkeit zu deinem Übungsobjekt machen und dich als offen, leicht und durchgängig für alles visualisieren. Vergleiche einen Vogelkäfig und einen Reispapierlampion – welcher der beiden wird wohl vom Wind stärker bewegt werden?
  3. Eckhart Tolle schlägt die folgende Übung vor: „Fühle, wie du durchlässig wirst, sozusagen ohne die Festigkeit eines materiellen Körpers. Erlaube nun dem Lärm oder dem jeweiligen Anlass für deine negative Reaktion, durch dich hindurch zu ziehen. Es trifft nicht mehr auf eine „solide Wand“ in deinem Inneren. Übe dies zuerst mit kleinen Anlässen. Mit dem Lärm der Alarmanlage, mit dem Hundegebell, dem Geschrei der Kinder, dem Verkehrsstau. Anstatt in dir eine Wand aus Widerstand aufrecht zu halten, gegen die alles, was dir „nicht passieren sollte“ ständig und schmerzlich anprallt, lasse alles durch dich hindurchziehen. Jemand sagt dir etwas Unverschämtes oder etwas, das dich verletzten soll. Anstatt unbewusst und mit Negativität zu reagieren, also mit Angriff, Abwehr oder Rückzug, lasse es einfach durch dich hindurchziehen. Biete keinen Widerstand. Als ob da niemand mehr ist, der verletzt werden könnte…. Damit wirst du unverwundbar.“

 


Autor

Arjuna Paul Nathschläger

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