Wie Yoga deine Immunkraft stärken kann

Der Mensch hat eine angeborene Kraft, die dafür zuständig ist, Krankheiten abzuwehren – das Immunsystem. Allerdings können verschiedene Faktoren diese Kraft empfindlich schwächen oder auch unterstützen. Yoga kann dir helfen, deine Immunkraft zu stärken. In diesem Artikel wollen wir uns die wesentlichen Aspekte in diesem Zusammenhang betrachten.

 

Die Menschheit sieht sich seit jeher einer Vielzahl von gesundheitlichen Herausforderungen gegenüber. In dem Maß, in dem sie Techniken, Hilfsmittel und medizinische Interventionen entwickelte und perfektionierte, verlagerte sich die Aufmerksamkeit der Hilfesuchenden auf eine von außen wirkende Medizin, während  die inneren Potentiale des Gesundsein und -bleibens vermehrt in den Hintergrund gerieten.

 

Doch in neuerer Zeit wird den Menschen die Bedeutung des Denkens und der inneren Kräfte des Menschen wieder bewusst – man erkannte etwa, dass der Großteil der Erkrankungen durch Stress erzeugt oder verstärkt wurde, und dass Ernährung und Bewegung eine wesentliche Rolle bei der Gesunderhaltung des Menschen spielen.

 

Der Schlüsselbegriff lautet „Immunkraft“ – eine Kraft, über die jeder Mensch verfügt, die aber in vielen Fällen durch verschiedene Lebensfaktoren geschwächt wird und damit nicht mehr über die ursprünglichen „Power“ verfügt. Besonders bei der aktuellen Virus-Erkrankung Corona erstaunt, dass neben den Rufen nach Medikamenten und Impfung, nach Hygiene und Virenschutz das Phänomen und das Potential der Immunkraft nur wenig Beachtung zu finden scheint.

 

Immunkraft aus der Sicht des Westens

Konsultieren wir zunächst Wikipedia für eine Definition für das Immunsystem:
"Als Immunsystem (lateinisch immunis ‚unberührt, frei, rein‘) wird das biologische Abwehrsystem höherer Lebewesen bezeichnet, das Gewebeschädigungen durch Krankheitserreger verhindert. Dieses körpereigene Abwehrsystem entfernt in den Körper eingedrungene Mikroorganismen, fremde Substanzen und ist außerdem in der Lage, fehlerhaft gewordene körpereigene Zellen zu zerstören. Das Immunsystem ist ein komplexes Netzwerk aus verschiedenen Organen, Zelltypen und Molekülen und der zentrale Forschungsgegenstand der Immunologie.
Das Immunsystem hat eine große Bedeutung für die körperliche Unversehrtheit von Lebewesen, denn praktisch alle Organismen sind ständig den Einflüssen der belebten Umwelt ausgesetzt; manche dieser Einflüsse stellen eine Bedrohung dar: Wenn schädliche Mikroorganismen in den Körper eindringen, kann dies zu Funktionsstörungen und Krankheiten führen. Typische Krankheitserreger sind Bakterien, Viren und Pilze, sowie einzellige (z. B. Protozoen wie Plasmodien) beziehungsweise mehrzellige Parasiten (z. B. Bandwürmer)."

Der „Netdoktor“ schlägt unter anderem folgendes vor, um das Immunsystem zu stärken:

  • Ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst; ausreichend trinken
  • Sonnenlicht und Vitamin D
  • Ausreichend Bewegung, aber nicht überanstrengen
  • Stress reduzieren und auf gesunden Schlaf achten
  • Nicht rauchen

 

Was sagen nun Yogis zum Thema Immunkraft und Gesundheit?

Das sagen Yogis

Swami Sivananda (er war, bevor er Mönch wurde, Arzt und Leiter eines Krankenhauses):
„Sonne und frische Luft sind deine guten Ärzte. Deine Nahrung soll einfach sein. Iss niemals zu viel. Bewege dich ausreichend. Wenn du dich nicht gut fühlst, faste, bis es dir wieder besser geht.
Durch das Trinken reinen Wassers, das Essen reiner und gesunder Nahrung, durch das Einhalten der Gesetze von Gesundheit und Hygiene, durch regelmäßige Körperübungen …, durch die Praxis von Japa und Meditation, durch richtiges Leben, richtiges Denken, richtiges Handeln (in Einklang mit den ethischen Regeln der Yamas und Niyamas von Patanjali), durch das Einhalten von Brahmacharya (sexuelle Mäßigung) und dadurch, dass du dich täglich für einige Zeit an frischer Luft und Sonne aufhältst, kannst du wunderbare Gesundheit, Stärke und Vitalität erlangen.
Das Geheimnis der Gesundheit … liegt darin, sich immer ein wenig hungrig zu fühlen. Überlade den Magen nicht. Zuviel Essen ist der Hauptgrund für die meisten Krankheiten. Die meisten Menschen graben ihr Grab mit den Zähnen. Der Mensch isst im allgemeinen doppelt so viel, wie sein Organismus braucht.“

Mira Alfassa, „die Mutter“ hat ebenfalls sehr klare Worte vor allem zu den geistigen Zusammenhängen der Gesundheit gefunden:
"Wenn wir Frieden in unsere Körperzellen bringen können, werden wir geheilt. Werde des Friedens, der tief in dir ist, habhaft und führe ihn in deine Körperzellen. Mit diesem Frieden wird die Gesundheit zurückkehren.
Die jede Krankheit bezwingende Kraft ist Stille und innere Ruhe; jede Unruhe, jede Enge verlängert das Leiden.
Höre auf, in deine Krankheit „verliebt zu sein“ und sie wird sich auflösen.
Der Körper wird heil, wenn er beschlossen hat, geheilt zu werden. Der Körper sollte Krankheit ebenso entschlossen abwehren, wie der Geist Falschheit abwehrt.
In ebensolchem Maß, wie wir Vertrauen in Gott haben, so kann Gott uns helfen. Wir müssen lernen, uns an Gott zu wenden und um Hilfe zu bitten – erst dann kann Er Wunder wirken. Am Ende ist es das Vertrauen, welches heilt.
Die wirkliche Krankheit ist die Angst. Wirf die Angst hinaus und die Krankheit wird verschwinden. Es ist die Angst – mehr oder weniger bewusst -, die alles Übel hervorbringt. Ohne Angst kann dir nichts geschehen."

In den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts hat Swami Vishnu Devananda, ein Schüler Sivanandas, die folgenden fünf Elemente als den Kern der Yoga-Botschaft beschrieben:
1.    Körperübungen / Asanas
2.    Richtige Atmung
3.    Richtige Ernährung
4.    Entspannung
5.    Meditation und positives Denken
Die verschiedenen theoretischen und praktischen Aspekte dieser 5 „Schätze des Yoga“ habe ich in meinem Buch „Yoga fürs Leben“ ausführlich beschrieben.

Die drei Säulen der Gesundheit

Aus welcher Richtung wir uns den verschiedenen Elementen und Aspekten der
Immunkraft und der Gesunderhaltung annähern, wir stoßen immer auf drei Grundfaktoren:
• Ernährung,
• Bewegung und
• Geistige Aspekte.


Diese Faktoren werden für die meisten Menschen keine große Überraschung sein, sie sind bereits verbreitet bekannt. Was jedoch vielfach unterschätzt wird, ist das Ausmaß, in dem wir unsere Gesundheit durch Veränderung unseres Lebensstils und des Denkens positiv beeinflussen können. Der einzige
„Haken“ an der Sache ist allerdings, dass die Auswirkungen dieser Veränderungen weniger unmittelbar sichtbar sind als beispielsweise bei einer Schmerztablette, die bereits nach einigen Minuten Wirkung zeigt. Jemand, der heute beginnt, sich gesund zu ernähren und Yoga Asanas zu üben oder 3 Mal wöchentlich
laufen zu gehen, wird wahrscheinlich erst nach einigen Wochen Veränderungen in seinem durchschnittlichen Befinden feststellen. Umgekehrt sind diese Veränderungen, die erst
allmählich sichtbar werden, dauerhafter und tiefgreifender als kurzfristige Maßnahmen.


Aus der Vielzahl von Informationen zu den drei genannten Themen – es wurden zahlreiche Bücher dazu geschrieben – sollen hier nur einige Aspekte und Hinweise herausgegriffen werden, die von besonderer Bedeutung und Wirksamkeit sind.

1. Die Ernährung

Man hat festgestellt, dass kalorische Restriktion verjüngende und (anders als man vielleicht vermuten würde) energieerhöhende Wirkung hat. Wir können das Reduzieren der Nahrungsmittelmenge auf den tatsächlichen Bedarf als einen der wichtigsten Beiträge für eine stabile Immunkraft betrachten.

 

„Iss niemals zuviel. Überlade den Magen nicht. Das Geheimnis von Gesundheit und Glück liegt darin, sich immer ein wenig hungrig zu fühlen. Zuviel essen ist der Hauptgrund für die meisten Krankheiten.“ (Swami Sivananda)


Leichter umsetzbar als eine generelle dauerhafte Reduktion der Nahrungsmittelmenge mag das „intermittierende Fasten“ sein: Statt einer längeren Fastenperiode stellt man die Zeitpunkte der täglichen Nahrungsaufnahme um und nimmt seine täglichen Mahlzeiten z.B. im Zeitraum zwischen 10 und 18
Uhr zu sich, während in der restlichen Zeit, also zwischen 18 Uhr und 10 Uhr am nächsten Tag eine kurze Fastenperiode stattfindet, die dem Körper ermöglicht, sich selbst zu reinigen: Der Prozess der Autophagie, bei dem Unreinheiten und Zellabfall gezielt von „Freßzellen“ beseitigt werden, beginnt erst, wenn die Verdauungsarbeit erledigt ist. Die Autophagie ist ein wesentlicher Beitrag des Körpers zur Selbstreinigung und -heilung. Eine Vielzahl von Studien erbrachte den Nachweis, dass Vegetarier und Veganer gesünder und länger leben als Fleischesser. Ein Tipp für (noch) Fleischesser: Die belastende Wirkung des Fleischverzehrs kann durch drei Maßnahmen reduziert werden: Zunächst natürlich durch die quantitative Reduktion der
Fleischmenge, dann durch die qualitative Verbesserung: BioFleisch und Fleisch, von dem man weiß, dass
es aus artgerechter Tierhaltung stammt, und schließlich durch das achtsame und bewusste Essen.
Hierzu ein Lesetipp: „Vegetarisch leben“ von Armin Risi und Ronald Zürrer.

 

Beim Essen kommt es nicht nur auf das „Was“ und das „Wieviel“ an, sondern auch auf das „Wie“ – dies im Sinne eines langsamen und achtsamen Essens ebenso wie einer entspannten, positiven inneren Haltung beim Essen.

 

2. Bewegung

Der zweite Hauptschlüssel zu einer starken Immunabwehr ist die regelmäßige Bewegung des Körpers. Gerade in der zweiten Lebenshälfte, in der die Lebensenergie allmählich nachlässt, geraten viele Menschen in eine Abwärtsspirale: Man hat weniger Energie, fühlt sich schwerer, und als Folge davon bewegt
man sich weniger, was dazu beiträgt, dass man noch weniger Energie hat und sich noch schwerer fühlt usw. Vielleicht sollte man das Bild des Sportlers ablegen, der mindestens 10 Km täglich läuft und 2 Stunden Gewichte stemmt, und stattdessen das persönliche Maß an Bewegung finden, das machbar ist, mit Freude verbunden ist und einfach gut tut: Ob es nun 200 langsam gelaufene Doppelschritte sind, regelmäßiger Lift-Boykott oder ein paar Streckübungen …

Man hat im Zusammenhang mit sportlichem Training festgestellt, dass zu intensives Training ebenso schädlich sein kann wie gar keine Bewegung – das goldene Mittelmaß ist, was uns wirklich hilft! Am natürlichsten und einfachsten wird körperliche Bewegung sein, die gar nicht als „Training“ durchgeführt und
empfunden wird, sondern die als natürlicher Bestandteil des Alltags erfahren wird: Ein Spaziergang, ein paar Laufschritte, ein paar Übungen, weil der Körper einfach seine Freude an der Bewegung ausdrücken möchte und fühlt, wie energetisierend sich ein vertiefter Atem anfühlt.

 

Eine besondere Rolle bei den Körperübungen nehmen die Yoga-Asanas ein, weil sie, anders als sportliche Übungen, speziell dafür konzipiert sind, Energie zu erhöhen und den Energiefluss zu verbessern – damit sind sie das bestmögliche Instrument für die Stärkung des Immunsystems! Auch hier muss nicht
eine 2-Stunden Asana-Folge als geistige Vorlage dienen - aber vielleicht hast du, wenn du im Garten in der Sonne oder im Urlaub am Strand liegst, Lust, zwischendurch ein paar Asanas zu machen ...

 

3. Die geistige Einstellung

Nach meiner persönlichen Erfahrung und Beobachtung ist der geistige Bereich der wesentliche. Es gibt viele Menschen, die sich sehr bewusst und gesund ernähren und ausreichend bewegen, doch wenn sie
Dauerstress in ihren Beziehungen oder im Beruf haben, gegen alles und jeden kämpfen, und in einem geistigen Feld der Angst vor Armut, Krankheit, Alter, Trennung usw. leben, dann wird sich das sehr belastend auf ihr Immunsystem und auf ihre Gesundheit auswirken.


Die zwei Hauptfaktoren, die wir in diesem Zusammenhang im Visier haben sollten, sind Stress und Angst, die ja oft in engem Zusammenhang stehen. Und auch hier hilft Yoga durch die verschiedenen geistigen Ansätze des Loslassens, der Entspannung und der Meditation, die zerstörerischen Auswirkungen von Stress und Angst zu reduzieren. Eine aktuelle Beobachtung (2020) zum Thema Angst: In einer Umfrage der deutschen Zeitschrift „Spiegel“ wurden 5800 Personen befragt, wie hoch sie die Gefahr, in den nächsten 12 Monaten am Coronavirus lebensbedrohlich zu erkranken, einschätzen. Die Umfrage ergab einen Durchschnittwert von 26 %. Eine realistischere Schätzung aufgrund vorhandener Daten ergab jedoch einen Wert von weniger als 0,6 %. Könnte der Wert von 26 % durch Information und Aufklärung der Bevölkerung
auf den realistischen Wert gesenkt werden, so könnte dies einen stärkeren positiven Effekt auf die Bevölkerungsgesundheit haben als jener, den man sich von der Maskenpflicht oder Abstandsregeln usw. erwartet … Erinnern wir uns hier an die Geschichte aus dem Mittelalter, in der die Pest in Gestalt eines
hageren alten Mannes in eine Stadt kam, um 1.000 Menschen zu holen. Tatsächlich starben aber 10.000, denn 9.000 waren an der Angst vor der Pest gestorben!

 

Arjuna Paul Nathschläger

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