Jungbleiben mit Yoga

Es heißt, man ist so alt, wie man sich fühlt. Wie kann man das „Sich jung fühlen“ möglichst lange erhalten und wie kann Yoga dabei helfen? Wir wollen uns diesem Thema und seinen verschiedenen philosophischen, gesundheitlichen und gerontologischen Aspekten sowie
aus der Sicht des Yoga in diesem Artikel widmen.

 

Was wird mit Jugend, was mit Alter verbunden? Mit Jugendlichkeit verbindet man zumeist Qualitäten wie Beweglichkeit, Gesundheit, Kraft, Leichtigkeit, Begeisterungsfähigkeit, Verspieltheit, Optimismus und Sorglosigkeit. Viele dieser Qualitäten lassen sich fördern und erhalten, wir können sie bewusst leben und verstärken. Mit Altsein mag man eine gebeugte Haltung verbinden, Pessimismus, Schwerfälligkeit, Krankheit, Unbeweglichkeit, Angst und Sorge - auch diese Muster lassen sich vermeiden, reduzieren. Vielleicht
ist es so, dass wir nicht durch das Alter trübselig werden, sondern dass ein trübseliges Denken uns alt macht. Wir werden in den weiteren Betrachtungen noch einiges über die Wirksamkeit des Geistes, der Gedanken und der geistigen Einstellung zu verschiedenen Aspekten des Alterns erfahren.

 

Jugendwahn und die Würde des Alterns

Unsere Gesellschaft scheint einem Jugendwahn zu huldigen – ein Bekannter, damals 40, sagte einmal, dass es jetzt nur noch abwärts gehe in seinem Leben und in Fernsehen und Werbung werden meist junge Menschen
gezeigt, während die Alten und Kranken in Heime gesteckt und oft dem Blick der Gesellschaft entzogen werden. In früheren Zeiten und in anderen Kulturen wurden die Alten und das Altern noch ganz anders betrachtet, das Alter hatte Würde und Wert, die Mitglieder des Ältestenrats standen hoch im Ansehen für ihre Reife, Erfahrung und ihr Wissen, und diese Qualitäten kompensierten das Nachlassen von physischer Kraft und Beweglichkeit. Wir können daraus lernen, indem wir zum einen dem Alter gelassener entgegengehen und seine Werte und Qualitäten würdigen, zum anderen aber den physischen Abbauprozessen des Alterns entgegenwirken, was zu einem guten Maß möglich ist – wir werden noch einige Hinweise ansehen, was wir tun können.

 

Die Sicht des Yoga

Yoga bietet hier zwei verschiedene Ansätze: Zum einen geht es mit dem Fortschreiten der spirituellen Praxis vermehrt um ein sanftes und allmähliches „Sich Entheben der materiellen Ebene“, das sich beispielsweise
in verringerter Abhängigkeit von äußeren, materiellen Dingen, aber auch in reduzierter Nahrungsaufnahme äußert, ein natürlicher Prozess des Vergeistigens des Menschen. Durch dieses Vergeistigen kann sich auch
ein Reduzieren des Alterungsprozesses und der Krankheitsanfälligkeit entwickeln. Zum anderen lehrt Yoga, dass das Üben, wie Patanjali sagt, dann gut fundiert ist, wenn es über lange Zeit hinweg praktiziert wird (Yoga
Sutra 1,14). Um die Yoga-Praxis, die Meditation, Mantra-Rezitation, Anbetungsrituale usw. viele Jahre durchführen zu können und damit bestmögliche spirituelle Entwicklung innerhalb einer Inkarnation zu erlauben, gab es auch hier ds Bestreben, das Leben zu verlängern und dem Alterungsprozess so weit es möglich ist, entgegenzuwirken. So gibt es eine Reihe von Techniken, die genau das zum Ziel haben. Wir kommen noch darauf zurück.

 

Ein natürlicher Prozess ...

Grundsätzlich ist der Prozess von Geburt, Wachstum, Reife, Verfall und Tod ein von unserer Natur vorgesehener Ablauf, der in den Gedanken zu Lebensaufgabe, Karma und Dharma in der Yoga-Philosophie Ausdruck und Berücksichtigung findet: Nach der Lehre des Karma-Yoga inkarniert eine Seele, um bestimmte Erfahrungen zu machen, Aufgaben zu lösen, sie betritt die Ebene des physischen Körpers und Ausdrucks mit einem „Lebensplan“. Wenn dieser Lebensplan, sei es nach 9 oder nach 90 Jahren, erfüllt wurde, dann würde es keinen Sinn ergeben, wenn die Seele danach noch mit Zwang länger in ihrem Körper bleiben wollte, im Gegenteil, sie fühlt, dass ihre Aufgabe erfüllt ist, dass ihre Zeit gekommen ist und kann im Idealfall ohne „Abschiedsschmerz“ gehen.

 

... oder doch Unsterblichkeit?

Auf der anderen Seite gibt es in vielen Traditionen und Geheimlehren den Gedanken, dass Altern und Sterben nicht unvermeidlich sind, wie es etwa in den Buchtiteln „Breaking the death habit“ und „Unfug vom Leben und
vom Sterben“ zum Ausdruck kommt. Im letztgenannten Buch schreibt der Autor Prentice Mulford:


„Die Unsterblichkeit im Fleische“
Wir glauben, dass die Unsterblichkeit im Fleische möglich ist, das heißt, dass ein Körper so lange behalten werden kann, wie der Geist ihn zu gebrauchen wünscht, und dass ferner dieser Körper, statt im Lauf der Zeit zu verfallen, sich in einer erneuten Jungend zu regenerieren vermag. Der Leib wird nur neue Lebensimpulse durch eine Reihe spiritueller Prozesse erlangen, deren jeder ihn zu einem flexibleren und verfeinerten Instrument und Träger machen wird, an dem gedankliche Einflüsse sich immer leichter manifestieren können. Die Prozesse erhalten nicht den Körper, den ein Individuum heute haben mag – sie erhalten einen Körper, dessen Teile sich in ewigem Flusse, gleich dem höchst geistigen Äther, der sie formt, verwandeln! Dieser einende Wille, dieser Wunsch, dies Gebet wird über die Zufälligkeiten des Tages hinweg den neuen notwendigen Leib formen! Jetzt häufen wir bewusst und unbewusst Todeskeime in den Körper hinein, jeder Atemzug ist ja getragen und beschattet von dem „Wissen“ um das Altern, von dem Glauben an den Verfall – Überzeugungen aber materialisieren sich in Fleisch und Blut! Der Glaube an die Möglichkeit stets sich erneuernden Lebens bringt dieses Leben!

 

Der Alterungsprozess

Der Alterungsprozess ist nicht endgültig geklärt. Heute geht man davon aus, dass die Alterung durch das Ausfransen der Telomere (Endabschnitte der Chromosomen) stattfindet, eine Art Abnutzungserscheinung bei der Zellteilung. Dadurch wird die Zellteilung immer mehr fehlerhaft und das Entstehen von Krankheiten und „Alterserscheinungen“ wird begünstigt. Es gibt einige Dinge, die den Telomeren besonders zu schaffen machen: Freie Radikale, Fettleibigkeit, Rauchen, nährstoffarme Ernährung, Bewegungsmangel, Stress und Vitamin D-Mangel.

 

Der Mensch hat durch seine Lebensweise und seine Ernährung einigen Einfluss auf die Qualität seiner Telomere und damit auf das Tempo seines Alterns. Früher sagte die Wissenschaft, der Alterungsprozess sei durch die Genetik vorbestimmt. Heute erkennt man jedoch, dass die Gene wohl einige Grundtendenzen und -qualitäten vorgeben, dass man aber durch die Lebensweise, durch Ernährung, Bewegung und die geistige Einstellung mehr Einfluss auf den Alterungsprozess nehmen kann als man bisher dachte.

 

Wie alt können wir werden?

Bei der Betrachtung von „Alterszahlen“ können wir zwischen den folgenden unterscheiden:


1. Das maximale Lebensalter

Die Wissenschaft ist sich weitgehend einig, dass der Mensch bei optimalen Bedingungen ein maximales Alter von etwa 120 Jahren erreichen kann, manche Aussagen nennen sogar 140 – 150 Jahre. Der nachweislich älteste Mensch, der je gelebt hat, war Jeanne Calment (1875 – 1997) mit 122 Jahren.
„Es sprach der Herr: Und ich will ihm als
Lebenszeit geben: 120 Jahre“

(1. Buch Mose 6,3)

2. Die aktuelle Lebenserwartung

Diese beträgt in Österreich 79 Jahre für Männer und 84 Jahre für Frauen, das sind, verglichen mit 120 Jahren, nur rund zwei Drittel. Damit ist der Mensch das einzige Lebewesen, das sein maximales Alter so
gut wie nie auch nur annähernd erreicht.


3. Die funktionellen Jahre

Wichtiger als unser maximales Alter ist jedoch die aktive Lebensspanne, wollen wir doch nicht nur viele Jahre leben, sondern wir wollen viele Jahre gesund und aktiv leben. Wer wünscht sich ein hohes Alter, wenn es mit langem Siechtum, mit Krankheit und Schmerzen verbunden ist? Hier hat der Mensch mit seinen täglichen „Mikro-Entscheidungen“ und dem Lebensstil, seinen Schlaf-, Bewegungs- und Ernährungsgewohnheiten großen Einfluss darauf, die funktionellen Jahre bis ins hohe und höchste Alter auszudehnen.


4. Das Alter nach Jahren

Dies ist unser objektives, „tatsächliches“ Alter, das sich aus unserem Geburtsdatum und dem
heutigen Datum errechnet. Für die meisten Menschen weckt eine Jahreszahl bestimmte Assoziationen, weil die Beobachtung und Erfahrung ein Lebensalter mit Vorstellungen verbindet, wie sich ein Mensch in diesem Alter zumeist ausdrückt, wie er lebt und sich bewegt. Wir werden jedoch sehen, dass wir durch diese Vorstellungen, die wir über viele Jahre nähren, eine Art Programmierung auslösen, die sich im eigenen Leben manifestieren wird (siehe auch das obige Zitat von Prentice Mulford).


5. Das biologische Alter

Wie jung, gesund und fit oder wie alt und gebrechlich ist unser Körper (und Geist) wirklich? Das biologische Alter kann von unserem „kalendarischen Alter“ durchaus um einige Jahre abweichen – in beide Richtungen. Es kann abgeleitet werden von physischen Daten wie Lungenvolumen, Handkraft, Atemfrequenz, Nierenfunktion und Herz-/Kreislaufdaten, aber auch eingeschätzt werden durch eine Reihe von Fragen zu Lebensführung, Ernährung, Krankheiten usw.

Wir können an dieser Stelle einen Selbsttest machen und unser biologisches Alter einschätzen.

 

Test: Dein biologisches Alter

Bei diesem Kurztest, der sich von dem ausführlicheren Test des Altersforschers Sven Voelpel ableitet, werden von deinem kalendarischen Alter jene Anzahl von Jahren abgezogen, die bei bestmöglichen Bedingungen und Lebensstil „verjüngend wirksam“ sein können. Dies sind bei Frauen 15,6 Jahre, bei Männern 10,6 Jahre. Die resultierende Zahl wäre dein optimales biologisches Alter. Zu dieser Zahl werden dann für verschiedene belastende Einflüsse wieder Zahlen hinzuaddiert, bis am Ende dann dein biologisches Alter herauskommt. Ich wünsche dir ein erfreuliches Testergebnis!

 

1. Schritt

Wie alt bist du? (setze hier dein "kalendarisches Alter" ein)

 

2. Schritt

Reduziere diese Zahl um 15,6, wenn du eine Frau bist bzw. um 10,6, wenn du ein Mann bist.

 

3. Schritt

Addiere nun 2, wenn dein Alltag sehr stressig ist bzw 0, wenn du sehr entspannt und gelassen lebst bzw. einen Wert dazwischen.

 

4. Schritt

Addiere 2, wenn du kein Obst und Gemüse ist oder 1, wenn du nur wenig Obst und Gemüse isst.

 

5. Schritt

Wenn du starkes Übergewicht hast, addiere 5

Wenn du leichtes Übergewicht oder stark untergewichtig bist, addiere 2

Bei Normal- und Idealgewicht gehe zur nächsten Frage weiter :-)

 

6. Schritt

Rauchst du viel (+ 9), wenig (+ 5) oder gar nicht (+ 0)?

 

7. Schritt

Trinkst du Alkohol oft und regelmäßig? +2 Punkte / Jahre

... gelegentlich? + 0 Punkte

... gar nicht? + 1 Punkt.

 

8. Schritt

Bewegst du dich ...

viel (Laufen, schwimmen, radfahren, wandern ...)? + 0 Punkte

wenig oder gar nicht: + 5 Punkte

 

9. Schritt

Schläfst du gut? = + 0 Punkte

Wenn du schlecht schläfst, zähle 2 Punkte dazu.

 

Das Ergebnis dieser Rechnung ist dein biologisches Alter!

 

TIPP

Ein Hinweis für einen ausführlicheren Test: Der Altersforscher Prof. Sven Voelpel hat gemeinsam mit Daimler und dem Science Center Bremen einen speziellen Alterstest entwickelt, den er auf seiner Homepage kostenlos bereitstellt. Nach Ausfüllen des Alterstests unter http://svenvoelpel.com/ alterstest/ erhält der Nutzer eine umfangreiche Analyse und konkrete Handlungstipps.

 


Arjuna Paul Nathschläger

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