Jala bedeutet „Netz“ und bezieht sich auf das durch diese Technik beeinflusste Netzwerk von Nadis bzw. Nerven im Halsbereich. Dhara bedeutet „Strom“ oder „Fließen“.
Durch Jalandhara Bandha wird das Fließen sowohl des Blutes (Blutgefäß-Netz) als auch von Nervensignalen (Nervengeflecht) und von Prana (Nadi-Geflecht) im Bereich des Vishuddha Chakra gezielt
verändert.
Die klassische Schrift des Hatha Yoga aus dem 14. Jahrhundert, die Hatha Yoga Pradipika sagt über Jalandhara Bandha:
3,70: Ziehe die Kehle zusammen und presse das Kinn fest gegen die Brust. Das ist Jalandhara Bandha und vertreibt Alter und Tod.
3,71: Es wird Jalandhara Bandha genannt, denn es festigt die Nadis und hält den Strom des Nektars aus der Öffnung im Gaumen. Dieses Bandha vertreibt die Schmerzen im
Rachen.
3,72: Wenn man sich Jalandhara Bandha angewöhnt und die Kehle zusammen zieht, fällt kein Tropfen Nektar in das Magenfeuer, und der Atem (das Prana) fließt nicht in die falsche
Richtung.
3,73: Durch die feste Kontraktion der Kehle werden die zwei Nadis (Ida und Pingala) stillgelegt....
In der folgenden Beschreibung wird von einer Anwendung der Jalandhara Bandha bei Antara Kumbhaka (inneres Luftanhalten) ausgegangen. Je nach Technik und Übungsstufe kann Jalandhara Bandha aber
auch mit anderen Bandhas kombiniert und bei Bahir Kumbhaka (äußeres Luftanhalten) eingesetzt werden.
- Sitze in einer meditativen Sitzstellung, schließe die Augen und entspanne. Atme aus.
- Atme langsam und vollständig ein.
- Halte die Luft an und senke gleichzeitig den Kopf, sodass das Kinn fest auf das obere Ende des Sternums (Brustbein) gedrückt wird. Halte dabei den Rücken vollständig aufrecht, die Schultern
sind entspannt.
- Die Haltedauer der Bandha hängt von der Technik und Übungsstufe des durchgeführten Pranayama ab.
- Hebe den Kopf wieder und atme langsam und kontrolliert aus, sobald der Kopf wieder auf-recht ist.
Das Schließen der Jalandhara Bandha erfolgt also gleichzeitig mit dem Verschließen der Atemwege, das Öffnen der Bandha kurz vor dem Beginn der Ausatmung.
- Diese Bandha übt Druck auf den Sinus Caroticus aus. Dies sind zwei seitlich im Hals gelegene Gruppen von Nerven-Endungen, deren Druckempfindlichkeit bei der Steuerung des Blutdruckes und der
Herzfrequenz eine wesentliche Rolle spielt: steigt der Blutdruck, so werden diese Nervenfasern komprimiert und sie senden Signale an das Gehirn, welche eine Senkung des Blutdrucks bewirken. Diese
Wirkung wird durch Jalandhara Bandha künstlich ausgelöst. So wird ein Anstieg des Blutdruckes während längerer Atemanhaltungen verhindert. Trotz dieser Wirkung ist Bluthochdruck eine Gegenanzeige
für Jalandhara Bandha.
- Jalandhara Bandha hat, wieder im Zusammen-hang mit dem Einfluss der Sinus Carotices, die Wirkung, dass man allmählich die Luft für län-gere Zeit anzuhalten vermag, was die Wirkung der
Pranayama-Übung vertieft.
- Zusätzlich übt diese Technik Druck auf die Schilddrüse aus, was deren Funktion verbessert. Damit sind hier auch die Schilddrüse betreffenden Wirkungen des Schulterstandes zu erwarten.
- Die Praxis von Jalandhara Bandha baut eine meditative Grundhaltung auf: Durch die Beeinflussung des Pranastromes bzw. der Nerven im physischen Bereich findet eine Beruhigung auf allen Ebenen,
eine Tendenz zum Zurückziehen, zum Stillwerden statt. So können Pranayama, mit Bandhas verbunden, als ausgezeichnete Vorbereitung der Medita-tion eingesetzt werden.
- Neben den physischen Auswirkungen und über diese hinausgehend betreffen die eigentlichen Wirkungen der Jalandhara Bandha den Prana-Körper: Prana-Vayu, welche eine sich nach oben bewegende
Tendenz hat, muss nach unten „umgeleitet“ werden, um mit dem nach unten strebenden Apana (welches durch Mula-Bandha nach oben umgeleitet wird) vereinigt zu werden. Erst diese Vereinigung von
Prana und Apana lässt die Energie in der Sushumna aktiv werden, was auf psychischer Ebene dem Durchbrechen der Granthis entspricht. Gleichzeitig wird Prana aus den der Polarität entsprechenden
Kanälen Ida Nadi und Pingala Nadi zurückgezogen.
- Es wird also durch die Kontraktion der verschiedenen Geflechte im Hals-Bereich eine Energie-Sperre errichtet, die sich in sehr subtiler Weise auf den Prana- und Geistkörper auswirkt.
- Eine weitere feinstoffliche Auswirkung betrifft den in HYP 3,72 beschriebenen Amrita: „Jalandhara Bandha verhindert das Fallen des (Unsterblichkeits-Nektars) Amrita (von Lalana Chakra in das
Feuer der Manipura Chakra). Auf diese Weise wird Prana (Lebensenergie im Sinne von „ewiger Jugend“) bewahrt.“ Dieses Bewahren des Amrita führt zu der verjüngenden, belebenden Wirkung der
Jalandhara Bandha.
- Viele Probleme in der Halsregion werden durch Jalandhara Bandha gemildert oder beseitigt: Hals- und Mandelentzündung, Stottern, übermäßiger Schleim im Rachen und Hals; die Stimme wird
verbessert.
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- Hoher Blutdruck. Wenn auch anfänglich der Blutdruck abfällt, so tritt nach Lösen der Bandha eine kurze Phase erhöhten Druckes ein.
- Überfunktion der Schilddrüse;
- Akute Entzündungen im Hals.
Auszug aus "Ganzheitlicher Yoga" von Arjuna P. Nathschläger